Warnungen bei Whatsapp

Schlaflos aus Angst vor Killerclowns

Seit einigen Tagen gibt es in unseren Schulworkshops für die Schülerinnen und Schüler der 6. und 7. Klassen kein Thema, bei dem mehr Redebedarf besteht: sog. Killerclowns oder Gruselclowns, vor denen u.a. bei Whatsapp gewarnt wird.

Clowns tauchen plötzlich in der Dämmerung oder Dunkelheit aus einem Gebüsch oder hinter einer Hausecke auf und erschrecken Passanten. In mindestens zwei Fällen ist es zu gewalttätigen Übergriffen der Clowns auf die erschrockenen Menschen gekommen. Dieses Phänomen gab es in diesem Ausmaß in Deutschland bisher nicht. Experten bewerten diesen Trend als durchaus problematisch. In sozialen Medien wird nun vor entsprechenden Clowns und tätlichen Angriffen gewarnt. Großenteils wird allerdings nicht vor konkreten Vorfällen gewarnt, sondern es werden Ängste durch Falschmeldungen geschürt. Schülerinnen und Schüler berichten von ganz konkreten Warnungen mit eindeutigem Bezug auf Wohnorte oder Stadtviertel. „In XY wurde ein Killerclown gesichtet. Die Polizei ist informiert und bittet um Wachsamkeit“, heißt es dann konkret – ohne weitere Quelle oder Beleg für diesen Vorfall. Die Polizei Hannover warnt im Gegenteil davor, „speziell im Social Media-Bereich veröffentlichten Berichten uneingeschränkt Glauben zu schenken“ und verweist auf glaubwürdige Portale im Internet.

Boulevard-Presse und Falschmeldungen und sozialen Medien

Teilweise handelt es sich bei den Warnungen um Fotos von Clowns, die verwackelt oder unscharf in der Dunkelheit zu erkennen sind. Behauptet wird dann, dass dieser Clown gesichtet wurde und von ihm eine konkrete Bedrohung ausgeht – immer mit Hinweis auf einen bestimmten Ort. Besonders glaubwürdig erscheinen die Warnungen vor den Clowns im Nachbarort, weil schließlich auch im Radio von entsprechenden Vorfällen berichtet wurde - zwar nicht von dem Fall, vor dem gerade gewarnt wurde, aber eben von anderen. Etliche Medienberichte erwecken auch den Eindruck, dass es sich derzeit geradezu um ein flächendeckendes Phänomen handelt. Hier geben sich Boulevard-Presse und Falschmeldungen in sozialen Medien die Klinke in die Hand: ohne die entsprechend reißerische Berichterstattung in den klassischen Medien könnten die Falschmeldungen in sozialen Medien kaum ihre ängstigende Wirkung entfalten.

Die Angst

„Ich konnte gestern gar nicht einschlafen, weil ich genau wusste, dass ich heute bei Dunkelheit mit dem Fahrrad zum Training muss“, berichtet eine Schülerin. „Ich war froh, dass die anderen in meiner Klasse noch wach waren und mich in unserem Klassenchat bei Whatsapp getröstet haben.“ Auf die Frage, bis wann im Klassenchat geschrieben wurde, stellte sich heraus, dass sich tatsächlich acht der Schülerinnen und Schüler bis ca. 4 Uhr nachts gegenseitig „getröstet“ haben – oder eher in einer Angstspirale hochgeschaukelt haben. Typisch ist, dass manche Eltern von der Angst im Kinderzimmer wenig mitbekommen, obwohl sie vermutlich nebenan im elterlichen Schlafzimmer einen sehr erholsamen Schlaf genießen. „Was sollen Eltern denn machen“, fragt sich ein Schüler. Eine gute Frage, die sich sicher auch Eltern stellen. Die Antwort kann nicht sein, lediglich das Kind mit dem Auto zum Training zu fahren und so das Bedrohungsszenario im Endeffekt zu verstärken.

Medienkompetenz

Zielführend kann nur sein, hier kritisch mit entsprechenden Meldungen umgehen zu lernen. Kinder und Jugendliche müssen viel früher in der Lage sein, Medieninhalte kritisch zu hinterfragen als es zu Zeiten von BRAVO und MTV der Fall war. Whatsapp ist nicht nur ein Chat, sondern auch ein Informationsmedium. Wäre jede geteilte Mitteillung gelogen, wäre es einfach. Doch nicht alles, was dort verlinkt oder verbreitet wird, ist falsch. Medienkompetenz bedeutet in diesem Fall auch, die Interessenlage des Senders zu hinterfragen. „Mir hat meine Freundin einen Screenshot von einem Clown geschickt“, erzählt eine Schülerin, „sie wollte mich warnen“. Das war sicher von der Freundin gut gemeint, aber hat sie recherchiert, ob das Bild tatsächlich einen Clown darstellt, der dem Fotografen aufgelauert hat? „Das weiß ich nicht, sie hat das Bild ja auch zugeschickt bekommen“, ist die Antwort der Schülerin.

Gerüchte gab es schon immer. Doch auch Fotos sind schnell inszeniert oder mit entsprechenden Programmen bearbeitet. Dabei wirken sie viel glaubhafter als der klassische „Tratsch“. Eine ganz entscheidende Frage ist immer wieder: „Warum sollte sich jemand so etwas ausdenken?“ Zwei ganz plumpe Gründe sind hier zu nennen: erstens weil es geht und zweitens aus Spaß. „Das ist doch kein Spaß“, ist ein Sechstklässler entsetzt. Vielleicht kommen manche Urheber dieser Späße gar nicht auf die Idee, wie ernst Kinder und Jugendliche solche gefälschten „Warnungen“ nehmen. Zusätzlich wird es Menschen geben, die die Vorstellung lustig finden, dass zehn- bis vierzehnjährige Kinder und Jugendliche nicht schlafen können. „Das finde ich fast genauso scheiße, wie in echt jemanden als Clown zu erschrecken“, entfährt es einer Schülerin. Vielleicht hat sie recht.

Trost bei Whatsapp oder Eltern?

Whatsapp ist derzeit der Universalbegleiter für viele Kinder und Jugendliche. Wenn man nicht weiter weiß, hilft einem eine entsprechende Gruppe bei Whatsapp. Logischerweise gilt das auch für ängstigenden Situationen abends vorm Einschlafen – mit einem wie oben beschriebenen Ausgang, der viele eher weniger beruhigt, sondern vielmehr für eine noch größere Verunsicherung sorgt.

Vielleicht ist an dieser Stelle aber noch ein ganz anderer Punkt viel wichtiger als ein medienkritischer Ansatz: die Erkenntnis, dass es manchmal zielführender ist, sich nachts nicht bei Whatsapp, sondern von den Eltern trösten zu lassen. Das ist nicht nur eine Herausforderung für die Kinder, das Handy in solchen Momenten wegzulegen, sondern vielmehr eine Aufgabe für die Eltern, sich hier ausreichend als Alternative zu Whatsapp anzubieten!

Dieser Beitrag wurde am 25.10.2016 verfasst.



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