Zivilcourage im Internet

Mit QR-Codes und Lovestorm gegen Hass in sozialen Netzwerken

Hass im Netz wird von vielen Nutzern sozialer Netzwerke als Bedrohung empfunden. Hervorgerufen durch eine Mischung aus Angst und Ohnmacht fällt es vielen schwer, sich hier für die Betroffenen einzusetzen. Dabei gibt es mittlerweile verschiedene Ideen, wie die schweigende Masse helfen kann.

Am schwarzen Brett hängt ein QR-Code. Wer der hier codierten Internetadresse folgt, landet bei einem übel manipulierten Bild bei Instagram. Dazu gibt es die Aufforderung, dieses Bild zu melden. Je mehr Nutzer das Bild melden, desto schneller wird es vom Betreiber gelöscht – so die Logik. Diese Idee kommt von Schülerinnen und Schülern, die auf diese Weise auf die Mithilfe anderer Nutzer hoffen, die sie digital nicht erreichen. Das klassische schwarze Brett in der Pausenhalle der Schule wird zur Einladung zu digitalem Engagement. Ob dieses Modell wirklich erfolgreich ist und effizient ist, können wir nur schwer beurteilen. Generell kann aber davon ausgegangen werden, dass ein vielfach gemeldetes Foto oder ein entsprechender Kommentar vom Betreiber des Netzwerks bearbeitet und bei eindeutigen Fällen auch gelöscht wird.

Wer unterscheidet zwischen Gut und Böse?

Jetzt besteht natürlich auch die Möglichkeit, anderen Menschen mit genau dieser Strategie zu schaden. Es ließe sich auch jedes unproblematische Foto oder ein unproblematischer Account quasi an den Pranger stellen, mit der Aufforderung, diese Person zu melden. Andererseits darf nicht vergessen werden, dass mit genau solchen Methoden – wenn auch nicht unbedingt per QR-Code am schwarzen Brett – sogenannte Shitstorms seit Jahren funktionieren. Hier hat somit jeder einzelne die Verantwortung, nicht jeder Aufforderung zur Meldung zu folgen sondern jeden Einzelfall zu beurteilen. Soziales Engagement ist hier mehr als nur ein Mausklick und Wischen auf dem Display.

Lovestorm statt Shitstorm

Nach ähnlichem Muster im großen Stil will derzeit das Projekt Lovestorm vorgehen. Mit einer Online-Plattform sollen Angegriffene unterstützt und Angreifende gestoppt werden. Stellt jemand als Mitlesender fest, dass es zu verbalen Übergriffen gegen andere Menschen in sozialen Netzwerken kommt, kann der entsprechende Beitrag bei Lovestorm gemeldet werden. Daraufhin kümmern sich bis zu zehn spontan verabredete Aktivisten um den Fall und begegnen Hate-Speech mit Argumenten. Als Schneeballeffekt sollen andere Mitlesende aktiviert werden, ebenfalls aktiv zu werden. Hinter der Aktion steckt der Bund für Soziale Verteidigung e.V.. 1.000 bis 2.000 Ehrenamtliche sollen geschult werden, um auf diese Weise im Netz deeskalierend wirken zu können – nach dem Motto „Für ein Netz ohne Mobbing & Hetze“.



Hass wird es immer geben – umso wichtiger ist Zivilcourage

Natürlich darf nicht übersehen werden, dass beide Ansätze – die impulsive Selbsthilfeidee der Schülerinnen und Schüler und das großangelegte Projekt Lovestorm – Hass nicht verhindern, sondern nur darauf reagieren können. Doch ganz pragmatisch muss wohl eingesehen werden, dass auch die beste Prävention niemals zu 100% übergriffiges Verhalten verhindern können wird. Umso wichtiger ist es, dass Zivilcourage den betroffenen Menschen helfen kann. Diese Erkenntnis ist nicht neu, auch in allen anderen Bereichen von Gewalt wird traditionell zweigleisig gefahren: Prävention, um möglichst Gewalt von vorne herein zu verhindern, aber auch Modelle der Intervention, um dennoch auftretender Gewalt zu begegnen.

Ob langfristig ein Lovestorm mit organisiertem Widerstand gegen Hass ein geeignetes Mittel von Zivilcourage ist, oder ob es am Ende ein „Wettrüsten“ zwischen den Lagern gibt (Shitstorm vs. Lovestorm), lässt sich derzeit nicht beurteilen. Die klassische Regel, dass mit jeder Reaktion negatives Verhalten aufgewertet wird, da allein die Aufmerksamkeit die Reichweite auch des Hasses verbreitet, wird gern als Argument gegen entsprechende Ansätze genannt. „Don’t feed the trolls“ galt für viele als Grundregel zum Umgang mit Menschen, die online provozieren und so auch verletzen. Es fehlen empirisch belastbare Erfahrungen mit dem Umgang mit Hass in sozialen Netzwerken. Von daher ist es nicht zu früh, einzelne Ansätze einmal auszuprobieren. Unumstritten ist: es braucht couragiertes Verhalten gegen jegliche Form von Gewalt.

Dieser Beitrag wurde am 19.12.2017 verfasst.



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