Schule und Politik

Mit LeFloid gegen Politikverdrossenheit?

Der Youtube-Star LeFloid hat Angela Merkel in einem bei Youtube veröffentlichten Video interviewt. Ist dieses Interview geeignet Jugendliche zu motivieren, sich mit Politik zu beschäftigen? Kann das Video vielleicht sogar im Schulunterricht eingesetzt werden?

Mit über 2,6 Millionen Abonnenten gilt der 27-jährige Florian Mundt („LeFloid“) als einer der erfolgreichsten deutschen Youtuber. Zweimal wöchentlich berichtet er in den „LeNews“ bei Youtube über verschiedene mehr oder weniger brisante Themen aus der Nachrichtenwelt. Dabei kann es sowohl um Tagespolitik wie die Griechenlandkrise gehen, als auch um triviale Boulevardthemen oder Berichte über Stars und Sternchen der Popwelt, die in einem unverwechselbaren rasanten Stil vorgetragen werden. Kurz gesagt: ein erfolgreiches Konzept mit einem charismatischen Darsteller, der stilistisch und inhaltlich treffsicher Woche für Woche die Bedürfnisse von Millionen junger Menschen bedient. LeFloid kann sich zudem auch über verschiedene Auszeichnungen freuen – unter anderem 2014 über den Publikumspreis des Grimme Online Awards.

Mit LeFloid gegen die Politikverdrossenheit?

Doch sind die Videos oft mehr als nur Unterhaltung. LeFloid schafft es nicht selten, seine Zuschauer zu einer Auseinandersetzung mit politischen Themen zu motivieren, indem er sie aktiv auffordert, in den Youtube-Kommentaren über die Videos zu diskutieren. Eine Youtube-Nutzerin schreibt: „Ich finde es voll gut, dass du auch versuchst uns über die Sachen zu informieren, die viele andere Youtuber überhaupt nicht mitkriegen. Generell finde ich es gut, dass du LeNews machst. Ich schaue sie mir immer an, um meine eigene Meinung bilden zu können. Das übt mich sehr, da ich das im Real Life nicht gut kann“* Mit „Real Life“ meint sie vielleicht den Politikunterricht in der Schule – klar wird jedenfalls: LeFloid schafft es, dass Jugendliche sich in ihrer Freizeit mit politischen Themen beschäftigen.

Am Freitag, den 10. Juli hat LeFloid das Angebot der Bundespressekonferenz genutzt und Angela Merkel interviewt. Hierzu sammelte er im Vorhinein Fragen seiner Zuschauer, die er dann redaktionell ausgewertet Angela Merkel im Gespräch stellte. Bei den Fragen ging es unter anderem um die Ehe für alle, Bildungspolitik und diverse den Alltag einer Bundeskanzlerin betreffenden Fragen. Am 13. Juli veröffentlichte LeFloid das Video, das innerhalb von zwei Tagen über zwei Millionen Male angeklickt wurde. Auch wenn hier sicher einige Zuschauer nicht zur eigentlichen Zielgruppe von LeFloid gehören, ist das Interview aus dieser Perspektive ein Erfolg. Aber schafft LeFloid das, was er in anderen Videos schafft und schafft er Interesse bei Jugendlichen für Tagespolitik? Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob nicht vielleicht Schule vom LeFloid-Effekt profitieren kann? Ist es sinnvoll, die verbleibenden Unterrichtsstunden vor den Sommerferien (in den Bundesländern, die noch keine Ferien haben) zu nutzen, um das Video mit Schülern zu sehen und zu diskutieren?

Florian Mundt war nicht LeFloid

Die Schülerinnen und Schüler in den Klassenworkshops von smiley e.V. haben das Video überwiegend nicht gesehen. Manchen war es mit 30 Minuten Länge schlichtweg zu lang. Eine Schülerin zeigte sich enttäuscht, dass LeFloid „gar nicht so lustig war wie sonst“. Damit hat sie vielleicht gar nicht so unrecht. Das Markenzeichen LeFloids, überdreht und rasant durch ein Thema zu eilen, fehlt dem Interview gänzlich. Sichtlich nervös versucht Florian Mundt der Rolle eines Journalisten, der Angela Merkel interviewt, gerecht zu werden. Dabei verlässt er die Rolle, die er als „LeFloid“ in „LeNews“ innehat – und wird vermutlich seine Fans allein deshalb enttäuschen.

Florian Mundt hat keine journalistische Ausbildung und bezeichnet sich selbst in einem Interview von SPIEGELOnline als „Videoblogger und Kommentator“ - bewusst nicht als Journalisten. Offensichtlich ist, dass LeFloid die Erfahrung im Führen von Interviews fehlt. An verschiedenen Passagen des Gesprächs drängen sich kritische Nachfragen auf – die aber nicht gestellt werden. Die sich aufdrängenden Fragen gehören in den Politikunterricht. Das Interview darf so nicht unkommentiert stehen bleiben. Es müsste jetzt der Lehrer diese Fragen mit den Schülern klären und man käme wohl nicht umhin, Florian Mundt für den Stil des Interviews grundsätzlich zu kritisieren. Für seine Fans kann das wie eine Grundsatzdiskussion über die Qualitäten LeFloids wirken. Das Ziel, Jugendliche als LeFloid-Fans abzuholen und so für Angela Merkel zu interessieren, kann so schnell aus den Augen verloren werden.

Vielleicht hätte es dem Interview gut getan, wäre LeFloid entsprechend frech und unangepasst aufgetreten wie in seinen Videos. Vielleicht hätte er so Angela Merkel aus der Reserve locken können und Politik für Jugendliche interessant gemacht. Vielleicht ist das Video aber nur ein weiterer Beweis dafür, weshalb sich Jugendliche gegenüber Politik verschließen. LeFloid als Youtube-Star funktioniert, Florian Mundt als kritischer Journalist eher nicht. Der Youtube-Star LeFloid allerdings als Gesprächspartner wäre vielleicht eine Chance gewesen …

* Kommentar zu https://www.youtube.com/watch?v=ORyYAfBeD6E, Rechtschreibung gültigen Normen durch smiley e.V. angepasst

Dieser Beitrag wurde am 17.07.2015 verfasst.



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